Toni
Antonia

· 10 min Lesezeit

Thema: E-Commerce

E-Commerce Nachhaltigkeit – gibt es das?

Welchen Einfluss hat der Onlinehandel auf unser Klima, wie können Onlinehändler zum Umweltschutz beitragen und davon profitieren?

Das Thema Nachhaltigkeit ist spätestens nach Fridays For Future 2019 in der Mitte der Gesellschaft angekommen und nimmt zunehmend auch im E-Commerce eine wichtige Rolle ein. Händler müssen sich nicht nur auf eine veränderte Nachfrage hin zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Produkten einstellen. Auch ein ökologisches Bewusstsein der Unternehmen wird für Kunden im Onlinehandel immer wichtiger und fließt ebenso in die Kaufentscheidung mit ein, wie der Preis. Doch kann man den E-Commerce und Nachhaltigkeit in Einklang bringen? 

Wie E-Commerce und Nachhaltigkeit zusammenpassen  

Vielleicht fragt sich jetzt der ein oder die andere, wie ein Onlinehandel überhaupt schlecht für das Klima sein kann, da immerhin keine Ladenfläche und auch weniger Personal benötigt wird. Tatsächlich steckt der Teufel im Detail, denn auch der E-Commerce verbraucht durch Lagerhaltung, Server und allerhand IT Strom und Energie. Hinzu kommen Emissionen und Müll durch Verpackungen, Versand, Retouren und schlussendlich die gesamte Logistik. 

Einer Trusted Shops Studie zufolge ist ein entsprechendes Bewusstsein für nachhaltigen Onlinehandel bereits bei 92 Prozent der Befragten vorhanden. Zwei Drittel der Deutschen fordern sogar diese E-Commerce Nachhaltigkeit ein. Weiterhin gewinnt Fairtrade an Bedeutung und wird ebenfalls von Kunden ausdrücklich nachgefragt und eingefordert. Das Potenzial und der Wille sind somit bereits bei der breiten Masse vorhanden und kann von Händlern auch aus ökonomischer Sicht genutzt werden, um daraus Umsätze zu generieren und das Unternehmensimage zu stärken.

Verpackungen und Versand im Onlinehandel als Klimakiller

Zu den absoluten Klimakillern im E-Commerce zählt die Verpackung und der Versand von Waren. Allem voran ist der anfallende Müll durch Füllmaterialien oder zu großen Kartons für ein vielfach kleineres Produkte ein großes Problem. Es steht außer Frage, dass Ware ausreichend für den Transportweg gesichert werden muss, jedoch setzen bereits viele Unternehmen auf recyclte Verpackungen, beispielsweise das Wiederverwenden von gut erhaltenen Retoure Kartons. Entsprechende Auswahlmöglichkeiten im Checkout können mithilfe von Extensions angeboten werden, um Kunden gezielt darauf hinzuweisen, dass auch sie die Wahl haben, einen positiven Beitrag zu leisten.  

Auch im Trend sind biologisch abbaubare Füllmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen, wie z.B. Maisstärke oder Hanf. Ebenfalls gibt es bereits umweltfreundliche Alternativen zum stark ressourcenhungrigen Styropor aus Pilzgeflechen (Myzellium). Auch Verpackungen aus Zuckerrohr und pflanzlich gewonnener Milchsäure (Zucker und Stärke) stellen deutlich nachhaltigere Lösungen dar, als ihre Pendants aus Erdöl (Polyethylen/PE und andere Kunststoffe). Selbst das Paketklebeband kann durch Papierklebeband ersetzt werden, ohne an Funktionalität einbüßen zu müssen. Somit kann durch kleine Veränderungen und Umrüstungen bereits ein entscheidender und massiver Unterschied in der Müllproduktion und Umweltverschmutzung gemacht werden. 

Vor allem kommt es jedoch auf den bewussten Einsatz von Füll- oder Verpackungsmaterial an. Materialien zu ersetzten ist ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist jede Art von produziertem Müll eine Belastung für die Umwelt. Daher gilt: Reduzierung der eingesetzten Stoffe und nur so viel Verwendung von Material wie nötig! Das schont den Geldbeutel bei Anschaffungskosten sowie die Umwelt und wirkt sich positiv auf das Unternehmensimage aus. 

E-Commerce Nachhaltigkeit Klimaneutraler Versand
Quelle: DHL klimaneutraler Versand & GoGreen

Auch beim Thema Versand bieten entsprechende Dienstleister sogenannte Green Logistics an und folgen somit dem Trend des Umweltbewusstseins. Der Versandriese DHL setzt beispielsweise auf klimaneutralen Versand. Klimaneutral wird innerhalb Deutschlands automatisch jedes Päckchen und Paket gesendet – ganz ohne Aufpreis! In andere Länder ist dies auch gegen Aufpreis möglich. Zudem werden im Rahmen des GoGreen Umweltschutzprogramms die durch die Transporte von DHL entstehenden Treibhausgase durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen. 

Retouren im E-Commerce: Nicht nur für Händler ein großes Ärgernis

Während bei Verpackungen und Versand auf ‚grüne‘ Alternativen gesetzt wird, gibt es beim Retourenmanagement in Sachen Nachhaltigkeit den größten Nachholbedarf. Retouren sind nicht immer auszuschließen, lassen sich jedoch durch optimierte Produktdetailseiten (PDP) sowie neue Technologien wie Augmented-Reality vorbeugen. Erhalten Kunden genügend Informationen darüber, was sie von Produkten oder Waren zu erwarten haben, ist die Wahrscheinlichkeit der Enttäuschung beim Auspacken geringer und damit einhergehend sinkt auch die Retouren-Rate deutlich. Ebenso kann der Einsatz von Algorithmen dabei helfen, die Vorlieben und Wünsche von Kunden besser zu verstehen. Beispielsweise wird bei einem Einkauf auf Zalando auf Grundlage von Nutzerdaten eine empfohlene Größe angegeben. Diese Daten basieren auf Retouren von Kunden, welche eine unpassende Größe („zu klein“/“zu groß“) als Rückgabegrund angaben. 

E-Commerce Nachhaltigkeit Retouren Vermeidung
Screenshot Zalando: Größen-Empfehlung zur Retourenvermeidung

Retouren sind jedoch nicht nur durch ihre Komplexität der Bearbeitung sowie dem damit verbundene Ressourcen- und Zeitaufwand zu vermeiden. Sie hinterlassen auch eine immense CO2-Belastung durch doppelt oder sogar dreifache Transportwege. Neben dem kostenintensiven Prozedere ist somit auch der Umweltfaktor eine treibende Kraft, Retouren zu vermeiden.

Der Einfluss des digitalen Fußabdrucks 

Jeder, der sich im Netz bewegt hinterlässt ihn: den digitalen Fußabdruck. Wohl meist unbewusst hinterlassen wir im Internet und auf tausenden Servern unsere Spuren in Form von Datenansammlungen. Cloud-Computing vereinnahmt weltweit einen immer weiter steigenden Strombedarf. Neben Privathaushalten hängen auch Konzerne und Unternehmen aus Industrie, Handel, Landwirtschaft – einfach allen erdenklichen Bereichen – mit am Stromnetz.  Damit dieser Datenverkehr bestehen kann, bedarf es einer Infrastruktur aus Servern, Rechenzentren, Übertragungstechnologie und Endgeräten. 

Damit einher geht jedoch auch Elektroschrott, Stromverbrauch und CO2 Emissionen. Warum? Gespeicherte Daten benötigen Speicherplatz, ist dieser belegt erfordert es neuer Festplatten. Um diese herzustellen, werden unzählige Ressourcen verbraucht. Um die Daten zu sichern, wird Energie benötigt. Und bei der Entsorgung defekter Server, Festplatten etc. entstehen Elektroschrott und Abgase.

Zum Vergleich: Die gesamte Netzinfrastruktur Deutschlands verbraucht so viel Strom wie 10 mittlere Kraftwerke erzeugen könnten. Mit der Energie, die benötigt wird, um 20 Anfragen bei Google zu bearbeiten, könnte eine Energiesparlampe bis zu einer Stunde leuchten. Mit 50 Suchanfragen am Tag, macht dies bereits 26 kg CO2 pro Jahr aus – Tendenz steigend, denn Video- und Musikstreaming produziert noch mehr CO2. 

Der Schutz der Umwelt spiegelt sich demnach auch im Alltag eines jeden Einzelnen wider. Die Suchmaschine Ecosia beispielsweise pflanzt pro Suchanfrage einen Baum, um die entstehenden Emissionen zu neutralisieren. Wer also eine private Suchanfrage startet, sollte auf diesen Dienst zurückgreifen. 

Als Händler kann bei der Datenspeicherung auf erneuerbare Energien (Wind, Wasser, Sonne) bei der Stromversorgung gesetzt werden und auch im Unternehmen selbst ist ein Umstieg auf Öko-Strom möglich. Die gezielte Kommunikation solcher Maßnahmen nach Außen hat ebenfalls einen positiven und verkaufsfördernden Effekt auf die Kaufentscheidung potenzieller Kunden. 

Händler ohne Lean Management oder ökologisches Bewusstsein werden nicht mehr lange Bestand haben

Nachhaltigkeit ist schon lange keine Ansichtssache mehr, sondern ein Kollektivprojekt, um unsere Erde erhalten zu können. Zunehmend wird das Bewusstsein in der Bevölkerung stärker und zwingt Unternehmen auch im E-Commerce dazu ihre Strategien hinsichtlich Nachhaltigkeit neu auszurichten und den Wünschen ihrer Kunden anzupassen.

Wichtig bei einem Strategiewechsel und dem Umrüsten auf ein nachhaltiges Wirtschaften im Onlinehandel ist jedoch immer die Authentizität. Unternehmen müssen – sofern nicht vorhanden – Corporate-Social-Responsibility (CSR) entwickeln und dementsprechend handeln. Denn fest steht, dass Unternehmen und Händler, welche kein Lean Management oder ökologisches Bewusstsein haben, nicht mehr lange Bestand haben werden in einer Welt, die sich im Wandel befindet.

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